Gemeinsamer Wunschzettel von Martin Krapf, Geschäftsführer Screenforce,
und Matthias Wahl, Präsident Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW), an
die Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM)
Obwohl noch nicht Weihnachten ist, haben wir schon einen kleinen Wunschzettel. Die OWM-
Fachtagung am 17. November ist ein guter Anlass, ihn jetzt schon einzureichen. Denn auch die
OWM wartet ja nicht aufs Christkind, sondern platziert ihren Forderungskatalog jeweils im Vorfeld
unserer Lead-Events dmexco und Screenforce Day. Das nehmen wir also gerne zum Vorbild.
Engagement des OWM
Zuallererst kein Wunsch, sondern ein großes Lob. Denn was wir tatsächlich gut finden, ist das große
Engagement einzelner Personen. Auch wenn es leider immer dieselben – weil insgesamt zu wenige
– Akteure auf Kundenseite sind. Die knien sich dafür bei vielen Themen richtig rein und bringen auch
vieles voran. Die anstehende Entwicklung bei der AGF und die Gespräche mit Google und jetzt auch
Facebook zum Beispiel wären ohne die Konsequenz dieser engagierten Vertreter der OWM
überhaupt nicht möglich gewesen. Dafür wollen wir uns bedanken!
Auch wissen wir zu schätzen, dass der Wert von Joint Industry Committees (JICs) von der OWM
nicht nur erkannt, sondern auch massiv vorangetrieben wird.
Doch trotz dieser positiven Entwicklungen und der insgesamt konstruktiven Zusammenarbeit gibt es
natürlich noch genug Raum für Verbesserungen und Wünsche unsererseits:
Vergleichbarkeit mit Google, Facebook & Co.
Grundsätzlich und medienübergreifend würden wir uns beide wünschen, dass alle Marktpartner den
gleichen Standards unterliegen. Egal ob sie aus dem schicken Silicon Valley kommen oder aus der
langweiligen deutschen Provinz.
Man muss sich das noch einmal vor Augen führen: Wenn wir über Jahre hinweg fragwürdige
Reichweiten ausgewiesen hätten – in der Haut möchte man jetzt nicht stecken. Die OWM hätte uns
vom Hof gejagt. Wenn Facebook das allerdings macht und über zwei Jahre ihre Video Views (die ja
noch nicht mal eine Reichweite darstellen) aufgrund eines „Rechenfehlers“ um 60 bis 80 Prozent zu
hoch ausweist, passiert genau: Nichts!
Zumindest hierzulande. Dann geht es auf einmal gar nicht mehr so sehr um Reichweiten oder Video
Views – und der drastische Fehler wird kaum thematisiert. Sorry, liebe OWM, aber das ist schon ein
bisschen schwach. Anders in den USA, wo Facebook jetzt mit juristischen Konsequenzen rechnen
muss. Drei Werbekunden haben Facebook bereits verklagt, eine größere Sammel-klage könnte
folgen.
So hätten wir das auch gerne: Falsch messen und das Geschäft brummt. Super! Und das dann noch
ohne den Ärger, den wir als deutsche Musterschüler ganz sicher am Hals hätten. Müssen wir uns da
jetzt komplett umstellen? Unsere gute Erziehung und berufliche Sozialisierung – Stichwort: hyper-
korrekter Umgang mit Zahlen – sausen lassen?
Gleichbehandlung der Medien
Vergleichbare Standards wünschen wir uns auch bei den Intermediadaten einzelner Mediengattungen im Rahmen der AG.MA. Es ist vielleicht wichtig, immer die jeweils härteste mögliche
Währung der einzelnen Medien in die Intermediadatei zu integrieren. Aber noch viel wichtiger ist
doch, dass mit dieser Forderung des OWM insgesamt ein fairer intermedialer Wettbewerb unterstützt
wird.
Wenn wir also diese Forderung beispielsweise von TV-Seite akzeptieren würden, bliebe die
entscheidende Frage: Welche Steine würde die OWM dann den anderen in der Intermediadatei
ausgewiesenen Medien in den Rucksack packen?
Konsequenz und Verbindlichkeit
Wenn wir zusammen debattieren, streiten und gemeinsam nach Lösungen suchen, dann sollte sich
das nicht nachteilig auf unsere Angebote auswirken.
Wir reden jetzt schon wieder zwei Jahre mit OWM und OMG über eine gemeinsame Werbewirkungsinitiative. Es gibt ja auch schon erste Fortschritte – vor allem aber wohl für Facebook und
Google. Die beiden US-Player haben die Zeit des allgemeinen Palavers nämlich clever genutzt, um
ein eigenes Werbewirkungsinstrument am Markt zu platzieren: das GXL-Panel mit der GfK.
Diese Crossmedia-Daten werden von Kunden und Agenturen bereits fleißig genutzt. Für Mediaagenturen sind sie laut OMG-Mitgliederbefragung nach dem AGF-Panel sogar der zweitwichtigste
Datensatz – und werden bei der OMG fälschlicherweise auch noch als „Datensatz eines Joint
Industry Committees (JIC)“ ausgewiesen.
Ganz ehrlich – das macht uns schon sprachlos! Das GXL-Panel hält den meisten methodischen
Überprüfungen nicht stand. Die Fallzahlen zum Beispiel erscheinen zumindest intransparent. Bei
ROI-Studien, die auf dem GXL-Panel basieren, gibt es große Fragezeichen, was Bestimmung,
Zuordnung und Vergleiche von Kontakten und Käufen angeht.
Wie viele Entscheidungen für Mediainvestitionen sind auf dieser Basis wohl schon gegen uns
gefallen? Wir zumindest vermissen hier ein sicheres Fundament für belastbare Befunde – und haben
die Befürchtung, dass die Türe für falsche Schlussfolgerungen schon zu weit und zu lange offen
steht.
Um die Irritationen im Markt in den Griff zu bekommen, arbeiten wir gerne mit allen beteiligten
Organisationen und Instituten zusammen – wir sind eben JIC-Junkies!
Aber sind wir das nicht alle? Glauben wir nicht gemeinsam an transparente und vergleichbare
Nutzungsdaten und Werbewirkungsindikatoren, die eben nur im Schulterschluss von Kunden,
Agenturen und Medien garantiert werden können? So mühsam das alles ist. Aber nur so gibt es
fairen Wettbewerb und korrekte Mediaentscheidungen.
Transparenz
Wir wünschen uns eine faire Bewertung von Qualität! Die Transparenz insbesondere bei den
Onlinern ist ja auch ein Lieblingsthema der OWM. Aber wenn’s billig ist, nimmt man es nicht mehr
so genau mit der Transparenz. Findet sich der eigene Spot dann aber in einem eher dubiosen Umfeld
wieder, wird einfach die ganze Gattung in Sippenhaft genommen – und pauschal für Ablenkung
gesorgt.
Auch wenn es um die Sichtbarkeit der Werbemittel geht, würde ein gemeinsamer Standard für
Erleuchtung sorgen – Äpfel und Birnen könnte man dann sicher besser voneinander unterscheiden.
Die Measurement-Guideline des OVK kann diesbezüglich auch der Nachfrageseite Transparenz
verschaffen.
Qualitäten der Online-Werbung
Wir wünschen uns, dass auch mal Kreationsprofis Eure Online-Kampagnen gestalten dürfen. Die
kosten natürlich etwas mehr als die wehrlosen Praktikanten in der Mediaagentur. Dafür wird die
Werbung dann aber auch verträglicher und am Ende des Tages wirksamer. Vor allem, wenn dazu
auch noch die technischen Spezifikationen für eine reibungslose Ausspielung eingehalten werden.
Tatsächlich können der OWM und ihre Mitglieder also selbst viel zur Wirkung von Online und dem
Rückgang von AdBlocker-Raten beitragen.
Zuhören und dann entscheiden
Wir hätten auch gern, dass die OWM uns zuhört und dann Entscheidungen trifft – und nicht
umgekehrt wie bei der Werbewirkungsinitiative. Da sind wir jetzt bekanntlich auf einem vernünftigen
Weg, aber eben erst jetzt.
Abschließend freuen wir uns schon auf Eure nächsten Wunschzettel, liebe OWM. Und hoffen, dass
wir die Wünsche nicht jetzt schon kennen. Dann hätten wir nämlich in der Zwischenzeit gemeinsam
viel geschafft.
Und jetzt wünschen wir Euch eine gelungene Fachtagung.