Für Screenforce wird die Aktion Baum künftig eine eigene Baumschule betreiben. Gründer Lars Hermes erklärt, was dahinter steckt - und wie er mit der Kraft der Wirtschaft gegen das Waldsterben ankämpft.
Herr Hermes, wie wichtig ist Nachhaltigkeit als Verkaufsargument?
Lars Hermes: Nachhaltigkeit ist längst ein zentrales Verkaufsargument. Breite Teile der Bevölkerung haben mittlerweile verstanden, dass es nicht fünf vor, sondern bereits viertel nach zwölf ist. Entsprechend achten inzwischen viele Menschen beim Einkauf auf regionale und nachhaltige Produkte. Die Konsumenten werden dabei zunehmend achtsamer und aufgeklärter. So wird ihnen ein einfaches Label á la „klimaneutrales Produkt“ künftig sicher nicht mehr reichen. Marken sollten nicht nur auf Labels, sondern auf Inhalt und Botschaft gleichermaßen setzen. Getreu dem leicht angepassten Motto: „Macht gute Produkte und sprecht darüber“.
Sie haben mit Ihren vier Gründungsmitgliedern vor einem Jahr Aktion Baum gegründet, nicht einer von Ihnen ist ein ausgewiesener Forstexperte...
Das ist völlig richtig. Und ganz ehrlich: Ich bin es auch nach einem Jahr nicht und werde es auch in fünf Jahren nicht sein. Und das ist auch völlig in Ordnung. Wie sagte Warren Buffet so schön? „Alle haben verschiedene Kompetenzen. Es kommt nicht darauf an, wie viele Kompetenzen man hat, sondern sich innerhalb dieser zu bewegen.“ Mein Vorteil ist, dass ich genau weiß, was ich kann und was ich nicht kann. Ich konnte ein Team von über 15 Menschen dazu bewegen, ehrenamtlich für Aktion Baum zu arbeiten. Man muss kein Forstexperte sein, um zu sehen, wie sehr unsere heimischen Wälder unter den Auswirkungen der Klimakrise, unter Hitze und Dürre sowie vor allem der damit verbundenen Ausbreitung des Borkenkäfers leiden. Das war uns Anlass genug, etwas zu tun. Über unsere Beziehungen und Erfahrungen aus der Wirtschaftswelt konnten wir ein großes Netzwerk weiterer „Nicht-Forstexperten“ gewinnen, denen das Thema der Aufforstung ebenso eine Herzensangelegenheit ist.
Das klingt, als ob Sie mit den klassischen Methoden der Wirtschaft agieren.
Absolut. Wir arbeiten mit der Kraft der Wirtschaft gegen das Waldsterben und sprechen die gleiche Sprache. Das Schöne ist, dass wir Aktion Baum führen wie ein Unternehmen, aber keine Gewinne machen und auch nicht dürfen. Das nimmt sehr viel Druck raus. Die Unternehmen, die mit uns zusammenarbeiten, haben die Möglichkeit, an jedem Teil der Wertschöpfungskette aktiv mitzuwirken und uns nicht nur über Spenden zu finanzieren. Ob ein Partner mit uns eine Baumschule betreibt oder Pflanzaktionen organisiert, ist jedem selbst überlassen. Da wir uns nur auf Deutschland konzentrieren, hat jeder unserer bisherigen Partner das Ergebnis der Zusammenarbeit dann direkt vor der Haustür liegen.
Mit Screenforce kommt nun ein weiterer Big Player dazu, für den Sie künftig eine eigene Baumschule betreiben werden. Wie kam es zu der Zusammenarbeit und wie sieht diese konkret aus?
Durch meine langjährige Zeit bei ProSiebenSat.1 habe ich noch Kontakte in die Branche. Nach einigen Beiträgen über Aktion Baum, die ich geteilt habe, kam das Team von Screenforce auf mich zu. Wir sind sehr dankbar, dass Screenforce den tatsächlichen Need erkannt hat. Es bringt gerade herzlich wenig, sich beim Kampf um den Setzlingskauf zu beteiligen und dadurch die Preise noch weiter in die Höhe zu treiben. Viel sinnvoller ist es, in eine eigene Baumpflanzindustrie zu investieren, die es schafft, den Preis pro Baum deutlich zu reduzieren. Und genau das macht Aktion Baum mit Screenforce. Wir bauen eine eigene Baumschule in Lüdenscheid. Gestiftet wird die Fläche von einem Waldbesitzer, Aktion Baum betreibt die Baumschule und Screenforce spendet. Weitere Partner dieser Art sind übrigens herzlich gerne gesehen (grinst).
Sie kehren bei der nächsten Screenforce Academy zurück zu Ihren Wurzeln und moderieren einen Talk mit Thomas Ranft, dem renommierten Wetter- und Klimawandel-Experten der ARD. Worum geht es dabei?
Ja, einmal wieder in der Rolle des Moderators in einem TV-Studio aktiv zu sein, ist großartig. In meinem Talk mit Thomas Ranft wird es vor allem darum gehen, wie man den Klimawandel im Fernsehen verständlich aufgreifen und diesem wichtigen Thema, das uns alle angeht, mehr Raum einräumen kann. Thomas Ranft hat in den letzten 20 Jahren und in mehr als 3500 Sendungen wohlmöglich alle Aspekte rund um den Klimawandel und die Energie- und Mobilitätswende beleuchtet. Wenn sich einer mit diesen Themen auskennt, dann er. Ich freue mich sehr auf das Gespräch.
Sie stehen noch ganz am Anfang mit Ihrem Projekt. Wo wollen Sie hin?
Je mehr Partner wir haben und je mehr gespendet wird, desto mehr wird Aktion Baum der Game Changer sein, den es unserer Meinung nach braucht. Ich kann mir auch vorstellen, dass wir andere NGOs aufkaufen und bei uns integrieren. Sowas gibt es in der Charity-Welt eigentlich nicht, aber warum braucht es so viele NGOs, die im Prinzip ganz ähnliche Ziele verfolgen? Gemeinsam wäre man doch viel schlagkräftiger. Wir können uns auch gut vorstellen, mit anderen NGOs in Projekten zu kooperieren.
Ihr Tipp für Unternehmen, wie sie ihre Produkte und Dienstleitungen fit für die Zukunft machen.
Wer sich jetzt nicht nachhaltig aufstellt, und damit meine ich nicht einfach nur ein Label kaufen und fertig, wird über kurz oder lang auf der Strecke bleiben. Meine drei Tipps: Analysieren Sie sofort exakt, wo Sie nachhaltiger werden können. Das können die Verpackungen sein, die Lieferwege, die Inhalte oder vieles mehr. Zweitens: Beginnen Sie eine glaubwürdige, ehrliche Nachhaltigkeitsstory zu bauen und sprechen Sie auch darüber. Und drittens: Trennen Sie sich von allen, die sagen: „Aber das haben wir schon immer so gemacht!“ Sie brauchen Macher, keine Bremser!