TV ist das Medium der Stunde
Die Pandemie hat die fragmentierte Gesellschaft näher zusammengebracht, weil alle Menschen vor dem gleichen Problem standen. „TV ist das Medium der Stunde, das die Menschen versammelt hat, um authentische und verlässliche Information zu liefern. Es wurde seiner großen Verantwortung gerecht“, stellt Autor und Trendforscher Peter Wippermann fest. Im Gegensatz zu sozialen Medien bietet das TV Privatsphäre, die stärker in das Bewusstsein der Konsumenten gerückt ist und ihr Vertrauen in die Plattformen aufgrund diverser Datenschutz-Skandale sinken lässt. Nur mehr ein knappes Drittel der Menschen weltweit vertraut Nachrichten in sozialen Medien. Spätestens seit Donald Trump den Begriff „alternativer Fakten“ strapaziert hat, ist die Vertrauenskrise gewachsen.
Die Verlagerung der Arbeit ins Homeoffice hat Arbeit und Medien näher zusammenrücken lassen. Einkaufen und Entertainment sind ins Zentrum der digitalen Welt gerückt. Durch diesen Trend verstärkt sich die direkte Interaktion von Marken mit Konsumenten, wie sie der US-Autohersteller Tesla von Beginn an nutzte, um auf teure stationäre Vertriebsstrukturen zu verzichten. Neue Technologien wie Hologramme ermöglichen ein innovatives, digitales Einkaufserlebnis. Es werden nicht mehr nur Produkte, sondern ganze Prozesse für individuelle Bedürfnisse verkauft: von Fitness-Programmen inklusive Equipment bis hin zum Auto-Abonnement. 3D-Drucker werden die Produktion von maßgeschneiderten Produkten in den eigenen Haushalt verlagern.
Wippermann beobachtet die Entwicklung einer „Creater Economy“. Die Generation Z lädt überproportional viele Inhalte in das Internet hoch. Das Datenvolumen kommt unter anderem durch „Social Selling“ und den Content von Influencern zusammen.
TV durchlebt eine Evolution vom unadressierten Massenmedium zum persönlichen Entertainment-Hub, auf dem sehr gezielt individuelle Werbebotschaften ausgespielt werden. Auch die Streamingdienste überdenken bereits ihre Inhalte: Netflix nähert sich mit seinem Angebot den TV-Sendern an und setzt verstärkt auf Shows mit partizipativem Charakter.
Marken, die keine Haltung beweisen, werden es schwer haben. 75 Prozent der Generation Z geben an, keine Marken mehr zu kaufen, die sich homophob, rassistisch oder ausgrenzend äußern. Der Anspruch ändert sich. „Don’t be evil“ reicht nicht mehr; die neue Devise heißt „Do good!“. Durch die Digitalisierung mussten sich Unternehmen öffnen und transparent werden.
Peter Wippermann ist Trendforscher, Berater, Autor für Zukunftsthemen.
1992 gründete er das Trendbüro und führte die Trendforschung in den deutschsprachigen Raum ein.
Von 1993 bis 2016 lehrte er als Professor für Kommunikationsdesign an der Folkwang Universität der Künste in Essen. Zudem war er Mitgründer des „Büro Hamburg – Agentur für Kommunikationsdesign“ und der Lead Awards für Mediendesign und Medienmarketing.